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Peter Hofelichs Kolumne „Meine Meinung“: Amerika — können wir dich enträtseln?

Nur noch wenige Monate bis zu den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Deutschland nimmt daran Anteil. Nicht unbedingt durch breite Neugier an den komplexen Auseinandersetzungen über dem großen Teich – sondern durch die überwältigende Aversion unserer Mitbürger gegen Präsident Trump. Reicht das? Emotionen verstellen oft den Blick und setzen falsche politische Impulse.

Von Peter Hofelich


Meine Sicht auf die Rätsel:

Hillary Clinton hat 2016 mit drei Millionen Stimmen Vorsprung gewonnen. Sie hat Fehler gemacht, war kühl und zu sehr ‚Big Government‘. Aber sie hatte die Mehrheit der Amerikaner an den Urnen. Jedoch nicht der Wahlmänner. Und sie hatte auch nicht Mark Zuckerberg, der sich weigerte, seine Plattform inhaltlichen Kriterien von Wahrheit und Lüge zu unterwerfen. Das ist jetzt anders. Aber schon kommt heute die perfide Kampagne gegen Briefwähler und Briefwahlen daher. Genug wird noch folgen. Man geht kaum fehl: Es wird diesmal wohl ein noch größerer Vorsprung für Biden/Harris nötig sein als damals, um den Wechsel im Weißen Haus sicher zu machen.

Trump hat die Vorwahlen 2016 mit Ressentiments (Mauer zu Mexiko) gewonnen und die anschließende Präsidentenwahl mit dem Versprechen an die wirtschaftlichen Verlierer, die ‚left behinds‘, in den ‚Swing States‘ letztlich für sich entschieden. Das erstere wird bleiben und um die Furcht vor dem Chaos der Innenstadt-Krawalle angereichert. Wird 'Law & Order' das bestimmende Wahlkampfthema? Das letztere wird einfach auf eine Ebene der Illusion gehoben: ‚America is great again‘. Vergiss 30 Mio. Arbeitslose und die höchste Zahl an Corona-Toten. Absurd, aber auch raffiniert. Entschieden wird deshalb nicht bei den kulturellen Hardcores, sondern Sozial bei den Arbeitern und kleinen Angestellten, namentlich rund um die Großen Seen und in den Appalachen. ‚Bruce Springsteen-Land‘, wie ich immer sage. Was wird für sie entscheidend für ihre Stimme sein? Nichts ist heute da wirklich entschieden.

Die Republikaner als Partei haben eine traurige Entwicklung vollzogen. Früher pro-atlantisch und, neben der Wirtschaftsnähe, immer auch gehörig ostküsten-liberal. Heute erzkonservativ weit in die Gliederungen hinein, mit den Evangelikalen verwoben, in der Hand von Trumps Clan und unfähig für die wachsende Vielfalt der USA ein aufgeklärt-konservatives Programm zu entwickeln. Natürlich wird es viel Geld geben und Fox-News wird aus allen Rohren für die feuern. Es gibt aber kein Ziel der Partei mehr, für das es sich zu streiten lohnt. Es gibt nur die Unterordnung unter Trumps Machtwillen. Das kann auch Deutschland und Europa nicht egal sein. Wenn eine der beiden großen demokratischen Parteien mehr den europäischen Rechts-Populisten ähnelt, als der stolzen GOP, ist das bedrohlicher als ein Präsident, der maximal nur zweimal gewählt werden kann. Dialog-Verweigerung von Seiten Europas kann da nicht das Mittel der Wahl sein.

Letztes Rätsel: Wendet sich Amerika insgesamt von Europa und Deutschland ab? Ein 'Evergreen' mit Endlos-Rille. Die behauptete Hinwendung zum ‚Pacific Rim‘ gibt es in Wahrheit seit den 80ern. Sie ist bereits eingetreten. Allerdings ohne größere geo-strategische Konsequenzen. Zumal der Rivale China ja nicht nach Osten, sondern nach Westen ausgreift, zur mittelasiatischen Seidenstraße und zur afrikanischen Ostküste, also wiederum zu Europas Vorfeld. Viel interessanter ist die Frage, ob die USA noch stärker binnen-orientiert werden. Truppenabzug, Gas-Pipeline und Auto-Zölle könnten dann von Trumps Willkür heute schnell zu amerikanischem Mainstream morgen werden. Dem begegnet man nicht durch europäisches Abwinken. Sondern auch nur durch Gespräch und Interessenabgleich. Und durch europäische Selbstständigkeit! 

Viele Rätsel. Mancher Nebel (insbesondere dies Trumps tatsächliche Strategie). Aber eben auch viel politische Aufklärungsarbeit! Baden-Württemberg müsste historisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich das größte Interesse daran haben.

 

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